Die Ausgabe enthält alle erhaltenen Melodien zu den Tönen der deutschen Sangspruchdichter des 12. bis 15. Jahrhunderts, von Spervogel über Walther von der Vogelweide, Konrad von Würzburg, Frauenlob, Heinrich von Mügeln bis zu Michel Beheim und Jörg Schiller, mit denen die Kunstübung in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ihr Ende fand.

Eingeschlossen sind die Töne, die vielen dieser Dichter von den städtischen Meistersingern ab dem 14. Jahrhundert lediglich zugeschrieben wurden (die sogenannten „unechten“ Töne). Insgesamt enthält die Edition 225 Melodien von 65 alphabetisch gereihten namentlich genannten Autoren, dazu drei anonym überlieferte Töne. Das hier erstmals vollständig edierte Repertoire ist das älteste umfangreiche Melodiekorpus der deutschen Liedgeschichte.

Die Melodien sind nach sämtlichen, insgesamt 80, noch vorhandenen Überlieferungsträgern des 14. bis 18. Jahrhunderts, überwiegend Handschriften, vereinzelt auch Drucken, in moderner Notation (vorwiegend mit G-Schlüsseln) ediert, Mehrfachfassungen grundsätzlich in synoptischer Darstellung. Hauptquellen sind die „Jenaer Liederhandschrift“ (um 1330), die „Kolmarer Liederhandschrift“ (um 1460) und die zahlreichen notierten Meistersingerhandschriften des 16. und 17. Jahrhunderts, geschrieben unter anderem von Valentin Voigt, Adam Puschman und Benedict von Watt. Die Melodien werden grundsätzlich mit dem Text wiedergegeben, der ihnen in der jeweiligen Quelle unterlegt ist, da nur so der Zusammenhang von Text und Musik anschaulich wird. Begleitet wird die Edition von einer Einleitung und einem Kritischen Bericht, der über Fehler, Besonderheiten der Überlieferung und weitere Varianten unterrichtet.

Das Werk ist von Interesse nicht nur für die musikwissenschaftliche Forschung, sondern ebenso für die Germanistik, die Volkskunde und die Kirchenliedforschung. Darüber hinaus wird ausübenden Musikern in leicht benutzbarer, doch wissenschaftlich zuverlässiger Form ein noch wenig beachtetes Liedrepertoire geboten und damit die Möglichkeit seiner klanglichen Realisierung im Konzertleben und auf Tonträgern eröffnet.