Die Klaviersonaten gelten als eigentlicher Kern des Schaffens von Aleksandr Skrjabin. Kein anderer Komponist nach Beethoven hat diese Gattung so tiefgreifend umgestaltet und damit ihre Tradition neu belebt. Der Wunsch, das Bestehende nicht einfach weiterzuführen, sondern zu übertreffen, zeigt sich schon in Skrjabins ersten Sonaten, die nicht nur aus pianistischer Sicht, sondern auch in ihrer Ausdrucksgeladenheit und Fantasiefülle aufregende Werke sind. Bis zur 3. Sonate entwickelt Skrjabin einen ausgeprägten Sinn für konstruktive Zusammenhänge und zyklische Geschlossenheit, die zugleich einen poetischen Sinn bergen.

Nach dem 2009 erschienenen Band II (BA 9617) mit den Sonaten Nr. 4 und 5 enthält Band I die chronologisch vorausgehenden Werke: Er umfasst neben den offiziell als Nr. 1 op. 6, Nr. 2 (‚Sonate-Fantaisie ’) op. 19 und Nr. 3 op. 23 zu Lebzeiten publizierten Sonaten auch die Jugendsonaten in gis-Moll (1886) und es-Moll (1887-89). Außerdem enthält die Ausgabe das nahezu unbekannte Fragment einer Sonate cis-Moll (1887) sowie die rekonstruierbaren Teile einer Sonate in gis-Moll (1892), die bislang noch nie ediert wurde.

Neben Autographen, Erstdrucken und russischen Neuausgaben der 1920er-Jahre zieht der Herausgeber Christoph Flamm erstmals als Quellen auch die Aufnahmen der Sonaten 2 und 3 heran, die Skrjabin 1908 auf Papierrollen der Firma Hupfeld in Leipzig gemacht hat.