In unserer „postmodernen“ Zeit sind wir gewohnt, mit der Geschichte spielerisch umzugehen: In unserer „postmodernen“ Zeit sind wir gewohnt, mit der Geschichte spielerisch umzugehen: Historische Stile und konkrete Werke stehen uns heute wie Kostüme und Masken im Fundus eines Theaters jederzeit zur Verfügung. Sie bilden einen unerschöpflichen Vorrat und dienen als Anregungsquelle für immer neue Verkleidungen – in der Musik ebenso wie in der Literatur, in den bildenden Künsten und ganz besonders in der Architektur. Um einen Dialog mit der Geschichte geht es auch in diesem Buch aus der Reihe „Bärenreiter Studienbücher Musik“, in dessen Mittelpunkt neoklassizistische Tendenzen der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts stehen. Wenn man von „Neoklassizismus“ spricht, ist generell der Rückgriff des 20. Jahrhunderts auf historische Vorbilder gemeint. Volker Scherliess benutzt das Wort aber in einem übergreifenden Sinn: Nicht eingeschränkt auf den einheitlichen Stil der sogenannten „Neoklassizisten“ um Strawinsky, sondern im Sinne einer künstlerischen Grundhaltung, die auch die Komponisten der Wiener Schule um Schönberg teilten, ja selbst ein Spätromantiker wie Richard Strauss. Der Horizont des Themas (und des Lesers) wird durch Einbeziehung neoklassizistischer Tendenzen in den Nachbarkünsten Malerei, Tanz, Literatur und bildende Kunst erweitert, ebenso durch Bemerkungen zur „historischen Aufführungspraxis“, zur Entdeckung des Mittelalters oder zum Themengebiet „Musik und Politik“. Zahlreiche Bilder, Notenbeispiele, Aufgaben zum Weiterdenken und Stichworte zur Zeitgeschichte machen das Buch zu einer ungewöhnlichen und anregenden Studienhilfe.