Das Werk des Malers, Graphikers und Bildhauers Max Klinger (1857-1920) ist ähnlich vielschichtig und mehrdeutig wie das seines berühmten Zeitgenossen Johannes Brahms. Nahezu zwanzig Jahre währten die Versuche Klingers, mit Brahms in einen Dialog zu treten, und man darf zweifeln, ob ein solcher jemals wirklich zustande kam. Jan Brachmann fragt nach Motiven dieser Bemühungen und nach den Gründen für das Gelingen bzw. Nicht-Gelingen jenes seltsamen Zwiegespräches, in dem das wechselseitige Enthüllen und Verbergen intimster Lebenslagen offenbar wird und in dem Künstlermythen als Form der Selbstdarstellung und Selbstlegitimierung zur Sprache kommen. Der Briefwechsel erscheint zugleich eingebettet in ein Panorama geistiger und sozialer Erlebniswelten des späten 19. Jahrhunderts. Dieses Buch verdeutlicht einmal mehr die vielbeschworene Rätselhaftigkeit von Kunst und zeigt, warum eine Ästhetik des autonomen Werkes nicht ausreicht, um die Wirkungsweisen von Musik und den emphatischen Kunstbegriff des vergangenen Jahrhunderts verständlich zu machen.