Der Autor beschreibt in faszinierender Art die Probleme „autonomer“ Musik als Teil einer säkularen Religionsgeschichte der Moderne. Der „Fall Brahms“ wird dabei zum eindringlichen Porträt einer ganzen Epoche.

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts laufen den Kirchen in Deutschland die Menschen davon. Religion verliert ihren gesellschaftlichen Rückhalt, doch sie verschwindet nicht. Aus den traditionellen Institutionen geht sie in neue, weniger sichtbare Gestalten über. Für das Bildungsbürgertum erfüllt die Kunst immer mehr die Aufgaben von Religion. Johannes Brahms befragt in dieser Situation den Sinn von Kunst neu. Wie kein zweiter Komponist seiner Zeit arbeitet er sich an der Bibel ab. War Brahms ein „gottloser Ketzer“ oder ein „tief frommer Mann“? Jan Brachmann gibt darauf keine Pauschalantwort. Sein Buch sucht nach politischen und religionsgeschichtlichen Zusammenhängen ebenso wie nach musikalischen und biografischen Details. Eine Auswertung der Lektürespuren in Brahms’ Handbibliothek zeigt den Komponisten als Leser Schopenhauers, Nietzsches, Luthers und der Bibel. Der „Fall Brahms“ wird so zum eindringlichen Porträt einer ganzen Epoche. Die Probleme autonomer Musik werden als Teil einer säkularen Religionsgeschichte der Moderne beschrieben.