Zwischen der Gründung des deutschen Kaiserreiches und dem Kriegsende 1918 galt der Figur des Doktor Faust, aufgefaßt als Personifikation des deutschen Wesens, ein breites öffentliches Interesse. Mit seiner Oper „Doktor Faust“ beteiligt sich Busoni an dieser Diskussion, doch ist sein Thema nicht der nationale Größenwahn, sondern die Verlorenheit der nach Perfektion strebenden, autobiographisch konzipierten Faust-Gestalt in einer veränderten Welt.

Die Autorin zeichnet in ihrer interdisziplinär angelegten Studie den Einfluss der Zeitgeschichte, biographischer Umstände, anderer Kompositionen Busonis und vor allem von Goethes Dichtung und E.T.A. Hoffmanns Opernästhetik nach. Sie nähert sich dem Werk also nicht nur über Skizzenforschung und musikalische Analyse, sondern auch durch Exkursionen in die Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte.