Angelus Silesius‘ „Heilige Seelen-Lust“, ein herausragendes Zeugnis der Frömmigkeit und Musikkultur im 17. Jahrhundert, enthält über 200 Gedichte, zum Teil mit Melodien. Wiedergegeben wird hier die vollständige fünfteilige Ausgabe von 1668.

Sei es unter dem Beinamen „Angelus Silesius “ (Der schlesische Engel) oder unter seinem Geburtsnamen Johannes Scheffler (1624-1677) – der Barockdichter aus Schlesien ist Christen beider Konfessionen gleichermaßen bekannt, sein Rang unter Literaturwissenschaftlern, Theologen und Hymnologen unangefochten. Einige Lieder des Gesangbuches „Heilige Seelen-Lust“ aus dem Jahr 1668 sind längst über den gottesdienstlichen Rahmen hinaus bekannt geworden. Seit dem 17. Jahrhundert, als Scheffler mit seinen Texten offenbar die spirituelle Grundbefindlichkeit seiner Zeit traf, sprechen sie Menschen sowohl religiös als auch ästhetisch an. So wurde „Ich will dich lieben, meine Stärke“ (im „Evangelischen Gesangbuch“ und im „Gotteslob“ vertreten) unzählige Male vertont und ist inzwischen Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses. Eine gefühlsbetonte, mystische Frömmigkeit, die sich auf die Person Christi konzentriert, spiegelt dieses Lied ebenso wider wie etwa das bekannte „Liebe, die du mich zum Bilde“ und viele andere. Die Melodien zu 184 der insgesamt 205 Gedichte komponierte Georg Joseph, der als Musiker beim Fürstbischof von Breslau in Diensten stand. Entsprechend der subjektiven Haltung der Dichtungen sind sie als anspruchsvolle Sololieder mit Generalbass-Begleitung gestaltet. Die Lieder von Scheffler und Joseph sollten die Affekte der Ausführenden und Zuhörer erwecken, ihre Liebe, ihre Sehnsucht und ihre Freude an Gott – und an der Musik.